Mit seinen fast 3.000 Metern ist der Abano-Pass der höchste befahrbare Pass im Großen Kaukasus. Er ist die einzige Verbindungsstraße zur Provinz Tuschetien im äußersten Nordosten Georgiens, an der Grenze zu Russland. Die Straße ist nur 71 Kilometer lang, aber jeder Meter hat es in sich. Sie schlängelt sich an nahezu senkrechten und schwindelerregenden Steilhängen entlang, immer wieder müssen Furten durchquert und rutschige Spitzkehren bewältigt werden. Wenn die Straße Ende Mai oder Anfang Juni geöffnet wird, werden die Schäden des Winters notdürftig ausgebessert. Viehzüchter führen ihre Herden auf die Almen, Einheimische machen sich mit vierradgetriebenen Fahrzeugen auf den Weg zurück zu ihren Häusern, die sie in der kalten Jahreszeit verlassen haben. Sieben Monate waren sie im Tal. Nun müssen sie fast alles, was sie brauchen, in die Berge transportieren. Die Piste führt durch eine atemberaubende Landschaft - am Horizont die mit Eis und Schnee bedeckten Viertausender auf russischer Seite. An deren Ausläufern auf georgischem Boden liegt der Tusheti-Nationalpark mit einer reichen Flora und Fauna. Wölfe, Bären, Luchse, Wildziegen und zahlreiche Greifvögel wie der Bartgeier siedeln hier. Für Temuri Mosaidze ist jetzt Hochsaison. Mit seinem Laster transportiert er alles, was benötigt wird. Lebensmittel genauso wie Baumaterial und Benzin oder liegengebliebene Fahrzeuge. Für ihn steht fest, dass die Abano-Straße - so unberechenbar sie ist - niemals asphaltiert werden darf: "Die Gefahr hat auch ihren Reiz. Tuschetien würde diesen Charme verlieren und nicht mehr so sein wie jetzt."